Langsam bin ich wieder fit!
Nach der ungeplanten Pause geht es mir wieder gut genug um mich zurück auf‘s Rad zu schwingen
In den drei Tagen Zwangspause hab ich mich ganz gut erholt. Die ersten beiden Tage lag ich nur rum, dafür ging es an dritten wieder aufwärts. Ich hab spontan um eine Nacht verlängert, was im Nachhinein bitter nötig war. Meine Hand ist zwar noch geschwollen, allerdings nicht mehr so stark. Auf jeden Fall kann ich meinen kleinen Finger und den Ringfinger wieder strecken, was vor zwei Tagen nicht funktioniert hat.
Nach einem ordentlichen Frühstück und Kaffee fahre ich wieder einigermaßen fit und motiviert weiter. Der Plan ist, es ab jetzt etwas langsamer angehen zu lassen. Da der Wetterbericht viel Regen prophezeit hat, ist es nicht überraschend, dass es nach kurzer Fahrt anfängt zu regnen. Die Schauer werden immer wieder unterbrochen durch sonnige Phasen, für die sich das Umziehen aber nicht wirklich lohnt.
Da ich mich drauf eingestellt habe, stört mich das nasse Wetter nicht wirklich, ich genieße es zwischen saftig grünen und gelben Feldern durch die sanften Hügel zu rollen. Ich habe keine großen Berge vor mir. Nachdem ich Spessart und Rhön hinter mir gelassen habe, fahre ich jetzt über die Ausläufer des Thüringer Waldes. Die leichten Anstiege sind deutlich zu spüren, aber nicht dramatisch. Immer wieder passiere ich Schilder, die daran erinnern, dass Deutschland und Europa entlang dieser Route geteilt waren.
Da die Route oft entlang von Flüssen verläuft, überquere ich wieder zahlreiche Brücken. Massive alte und elegante moderne, lange und kurze, hoch über kleine Täler und niedrige über winzige Bäche, jeder für sich einzigartig. Fast so, als hätte jede einen anderen Charakter.
Ich fahre durch schöne alte Dörfer mit traditionellen Häusern und passiere beeindruckende Felswände. An ihren Flanken kann man ganz eindeutig die einzelnen Schichten erkennen aus denen sie bestehen und wie diese nach und nach in unterschiedlichem Tempo bröckeln.
In den Phasen ohne Regen kommen aus allen Büschen und Bäumen verschiedenste Vögel hervor und singen lautstark. Klapperstörche suchen auf den Feldern nach Futter. Einer von ihnen fliegt nur wenige Meter von mir entfernt an mir vorbei. Die Größe dieser Vögel wird einem erst aus der Nähe so richtig bewusst.
Der Tag ist deutlich weniger abenteuerlich, was mir aber ganz recht ist. Auch, dass ich in dem Wechsel aus Regen und Sonne weniger nass geworden bin als befürchtet, ist angenehm. Am frühen Abend komme ich an einer Hütte an. Sie liegt an einem Berg, weswegen man eine traumhafte Sicht hat. Die Summe der kleinen Hügel macht sich in den Beinen besonders während des letzten Anstiegs zu meinem Nachtlager bemerkbar. Ich versuche meine nassen Klamotten irgendwie aufzuhängen, dass sie ein bisschen trocknen können, bis ich sie morgen früh wieder anziehen muss. Nach einen ordentlichen Abendessen mache ich mich bald auf den Weg in den Schlafsack.
Der Nächste Morgen:
Ich starte ich mit Regenhose und Regenjacke. Die tausche ich recht schnell gegen eine kurze Hose und dünne Jacke aus. Nach wenigen Kilometern wechselt das Bild am Himmel wieder. Long Story short: Ich lasse die Regenklamotten an, da ich kein Bock auf das Hin und Her hab. Bis auf einen Schauer bleibe ich ansonsten trocken.
Die Hügel werden etwas höher und steiler. Die Natur ist aber nicht weniger schön. Ich fahre durch einen stetigen Wechsel von winzigen Dörfern, Feldern und wunderschönen Wäldern. Immer wieder sehe ich Weiden mit Kühen, Pferden, Ponnys, Schafen, Ziegen, Alpakas und verschiedensten Rindern. Ich trete Stunde um Stunde und Kilometer um Kilometer in die Pedale. Langsam verschwimmt in der Erinnerung an welchem Tag ich wo war und der Weg vor mir wird auch immer weniger geplant. Ich fahre einfach, lasse meine Gedanken laufen und komme zur Ruhe. So hab ich mir das vorgestellt: Ich hab meine grobe Route und fahre einfach bis ich irgendwann da bin.
Auf meiner heutigen Tour lasse ich auch den Thüringer Wald hinter mir und erreiche das Thüringer Becken. Die Sicht ist dauerhaft wunderschön, da ich auf einer Art Hochebene unterwegs bin.
Gegen Abend spüre ich wieder meine Beine. Das Auf und Ab hinterlässt seine Spuren in den Muskeln und es wird definitiv Zeit, eine Schutzhütte zu suchen. Dieses Mal habe ich richtig Glück! Die Hütte ist riesig, neu und ein echtes Schmuckstück! Trotz, dass mir das vorher natürlich bewusst war, merke ich deutlich, dass es einen riesigen Unterschied zwischen Reise und Urlaub gibt.
Ich spanne eine provisorische Wäscheleine und hänge meine feuchten Klamotten in die Abendsonne. Direkt daneben stelle ich meine kleine Solarzelle auf. Nach dem Essen räume ich meine Sachen alle nach drinnen, da am Horizont dunkle Wolken aufziehen. Ich mache mir einen Tee und schaue den Blitzen zu, wie sie näher kommen. Heute geht’s früh ins Bett da morgen wieder einige Höhenmeter auf mich warten.