Die letzten Kilometer alleine

/ Juni 30, 2021/ ...mit dem Fahrrad, Blog, Nordkapp-Tour 2021, Reisen

Die Nacht war erholsam, aber zu kurz

So steige ich also trotz Kaffee noch ein bisschen müde aufs Rad. Die ersten Kilometer geht es aufwärts, was sich aber bald ändert. Die letzten Anstiege am Vorabend haben mich den Berg schon recht weit hoch geführt. Jetzt kann ich mich darüber freuen, dass es die erste Tageshälfte tendenziell abwärts geht. Das Schimmern der Sonnenstrahlen, die sich in den kleinen Wellen auf den unzähligen Seen brechen, ist wunderschön, egal wie oft man es sieht.

Ich steuere das Malingsbo Natur-Reservat an. Meine geplante Route führt im Laufe des Tages mitten durch und so ergibt es sich, dass ich mit einem traumhaften Panoramablick auf den Övre Malingsbosjön mein Mittagessen koche. Das Grün der Wälder will ebenso wenig enden wie die Seen, die mich ein großen Teil der Strecke begleiten.



Einige Kilometer vor meinem Ziel weisen einige Schilder an meiner Strecke auf eine Baustelle hin. Ein Umleitungsschild weist auf eine Alternative für die gesperrte Brücke hin. Da ich den Umweg kurz vor meinem Tagesziel, nicht in Kauf nehmen will und die Brücke laut Karte einen eher kleinen Fluss überspannt, probiere ich mein Glück. Kurz darauf stehe ich vor großen Baumaschinen, einem tiefen Graben und einem Schutthaufen, der wohl mal die Brücke war. An einem Pfosten am Straßenrand ist ein Umleitungsstraße-Schild für Fahrradfahrer. Ich folge ihm bis zu einer kleinen, hölzernen Brücke und freue mich, dass sich der Versuch gelohnt hat.

Kurz nach Ludvika hab ich verschiedene Hütten an einem See rausgesucht. Ich rolle durch die hübsche kleine Stadt und Richtung See. An der ersten Hütte ist eine Gruppe Jugendlicher, also suche ich mir etwas Ruhigeres. Die zweite Hütte liegt nach einem weiteren Anstieg mitten in einem kleinen Feuchtgebiet. Das ist an sich kein Problem, allerdings haben Mücken den Bereich offensichtlich als Kinderstube genutzt. Was ich nicht wusste: Der Pfad an dem sich die Hütten aufreihen, ist eine ausgewiesene Mountainbike-Strecke. Also geht es auf Schotter über Wurzeln auf und ab bis mein Körper aus allen Poren schwitzt. Auf der vorletzten Kuppe sehe ich eine Hütte, die so neu ist, dass sie noch auf keiner Karte verzeichnet wurde. Ich beschließe, hier zu bleiben. Zwar hab ich keine Möglichkeit im See zu baden, aber die Stelle und die Hütte sind schön, ich bin platt und baden kann ich auch morgen wieder.



Am Abend telefoniere ich mit Caro, um letzte Details zu klären. Es geht darum, dass wir alles haben, was wir brauchen, aber auch nichts doppelt herumfahren. Außerdem wann ihr Zug ankommt und an welcher Hütte wir uns treffen werden. Jap, wir treffen uns. Noch ein mal schlafen und ab dann geht’s gemeinsam on the Road.

Auf zu Caro


Ich wache auf und fange direkt an, meine Sachen zu packen. Schlafsack und Zelt lüften während ich Frühstück koche, mit Kaffee und Porridge die übliche Basis für die Tour schaffen und los. Caro war schon auf dem Weg lange bevor ich wach geworden bin. Ich war zwar zeitig wach, aber sie dagegen schon um 5:30 im Zug. Da sie mit ihrem Fahrrad und Gepäck unterwegs ist, kann sie nicht jeden Zug und jede Strecke nutzen. So dauert die Fahrt von Umeå nach Falun etwa 9 Stunden.

Jetzt trennen mich nur noch etwa 70 Kilometer und rund 1.500 Höhenmeter von meinen Tagesziel, dem Treffpunkt und von Caro. Voller Vorfreude nehme ich einen Anstieg nach dem anderen in Angriff. Ein See nach dem anderen fliegt an mir vorbei, während ich noch mal in Gedanken versinke. Das ist die letzte Etappe, die ich alleine bewältige. Der letzte Tag Solo-Reisen. Ich genieße die letzten Kilometer alleine, obwohl ich es kaum erwarten kann da zu sein.



Nach Örebo bin ich auf meiner Route verschiedenen Fernradwegen gefolgt, um Richtung Falun zu kommen. Eine direkte Verbindung gab es nicht, aber der Wechsel zwischen den Wegen war durch die sehr gute Beschilderung ziemlich problemlos. Während ich in meiner Mittagspause gerade am Essen bin, spricht mich eine ältere Dame auf Schwedisch an. Ich verstehe, dass sie fragt, wo ich herkomme und sie versteht auch meine schwedische Antwort. Trotzdem unterhalten wir uns kurz auf Englisch, bevor sie mit ihrem Hund weiter geht. Es sind zwar kaum mehr als ein paar Worte, aber ich freue mich jedes Mal, wenn ich verstanden werde. Und ich bin mir ziemlich sicher, mein Gegenüber auch.

Das letzte Stück bis zu der Hütte, an der wir uns treffen, ist nicht ganz einfach. Von dem geschotterten Weg geht ein Trampelpfad ab. Die einzelnen Markierungen entlang der Bäume, die zwischen einem Acker und einem Rinnsal stehen, wirken wahllos, führen aber zu einem Waldstück und einem wurzeligen Pfad.



Als ich ankomme sehe ihr Fahrrad an einen Baum gelehnt und Caro, wie sie auf einem schwimmenden Steg in der Sonne liegt. Wir sind beide einfach happy, uns wieder zu haben und wollen uns nach vielen Monaten Fernbeziehung kaum noch loslassen.

Wir gehen vom Steg aus baden und ich versinke direkt im Schlamm. Das Wasser ist etwa hüfttief, aber der Boden nur ein lockeres, morastiges Gemisch aus Schlamm und Pflanzen. Naja, drin bin ich, dreckig auch und wenn man durch das hüfttiefe Wasser schwimmt, dann geht’s. Etwa 30 Meter vom Ufer entfernt wird es zwar tiefer aber der Morast bleibt in Reichweite der Füße.

Nach dem Bad, das erfrischender und wirklich wesentlich angenehmer war als es klingt, lassen wir den Abend ausklingen und genießen die Zeit. Während des Essens genießen wir die Abendsonne und freuen uns auf das, was auch immer kommen mag.

Share this Post