Die ersten Eindrücke in Schweden
Nach 4 Tagen in Malmö geht es zurück in den Sattel
Mir war schon klar, dass ich nicht wirklich zeitig los kommen werde. Mit mehr als einer Tagesetappe hab ich daher auch nicht gerechnet. Nach dem entspannten Frühstück hab ich meine Ausrüstung und die Vorräte zusammen gepackt und mich aufs Losfahren vorbereitet. Die Zeit verging in den letzten Tagen schon viel zu schnell. Jetzt verfliegen die letzten Stunden auch wie im Flug. Nach dem kleinen Mittagsessen heißt es dann wieder Abschied von Caro nehmen und losfahren. Ist nicht ganz einfach, aber muss halt.
Ich fahre in Richtung des „Sydkustenleden“. Ein überregionaler schwedischer Radweg, der sehr gut beschildert ist. Wie der Name Süd-Küsten-Weg schon sagt, verläuft er an der südlichen Küste entlang. Ich folge ihm Richtung Norden. Trotz des starken Windes genieße ich die Aussicht über die Felder hinweg auf das Meer. Am Horizont sehe ich einzelne Containerschiffe, die durch die Entfernung winzig erscheinen. Auch die Öresund-Brücke ist zu sehen. Sie verbindet Schweden mit Dänemark und führt von Malmö nach Kopenhagen. Das dänische Festland ist durch den Dunst über der See nur schemenhaft am Horizont zu erkennen. Auf meiner Route fahre ich auf traumhaft guten Radwegen mal direkt an der Küste und mal durch kleine Dörfer und Wäldchen. Alles wirkt gepflegt und aufgeräumt. So etwa auf halbem Weg zu meinem geplanten Ziel entdecke ich ein großen Gebäudekomplex, den ich erst nicht ganz zuordnen kann. Während der Radweg mich in einem großen Bogen um den Komplex herumführt, wird mir durch die unzähligen Hochspannungsleitungen klar, dass es ein Atomkraftwerk ist. Das Kraftwerk hat keine typischen Kühltürme, sondern wird durch Meerwasser gekühlt, weswegen ich eine Weile gebraucht hab es zu erkennen.
Die Kirchen in der Gegend sind auffällig unauffällig. Alle sind sehr schlicht gehalten und prunkvolle Barocke Bauwerke sehe ich keine. In Landskrona, einem hübschen kleinen Küstenstädchen gibt es aber Einiges zu sehen. Neben der schönen „Sofia Albertina Kyrka“ gibt es auch eine alte Festung und ein Bauwerk, was ich so gar nicht einordnen kann. Vielleicht ist es ein Wasserturm oder ein Landeplatz für Helikopter. Es bleibt bei Spekulationen.
Kurz nachdem ich die Stadt verlassen habe, fahre ich direkt an der Küste durch eine parkähnliche Anlage. Hier habe ich auf der Karte eine kleine Schutzhütte ausgemacht, die ich jetzt ansteuere. Dort angekommen stelle ich fest, dass sie schon belegt ist. Ein anderer Rad-Reisender war schon vor mir hier. Und so lerne ich Hans kennen. Er teilt den offenen Unterstand gerne mit mir und ich genieße die Gesellschaft. Nach dem Essen gehe ich die wenigen Meter über den kleinen Weg runter zum Meer. Natürlich muss ich zumindest mit den Füßen rein. Die Wellen umspülen meine Füße und bewegen den groben Sand unter mir, während die untergehende Sonne mit ihren Strahlen die Wolkendecke wie mit Schwertern durchsticht und den Horizont in helles Orange taucht.
Nach einigem Fachgesimpel über unsere Fahrräder und unsere Ausrüstung legen wir uns in unsere Schlafsäcke. Ich genieße es, mit dem Rauschen der Wellen einzuschlafen.
Nach Norden – Heute nicht allein!
Ich hab überraschend gut geschlafen. Ob es an der salzigen Seeluft oder dem ununterbrochenen Wellenrauschen liegt, kann ich nicht sagen. Und es ist mir eigentlich auch egal. Hauptsache, ich bin ausgeschlafen und fit. Nach der üblichen Morgen-Routine geht’s los. Aber heute nicht alleine. Hans will in dieselbe Richtung wie ich, also fahren wir den Tag gemeinsam. Nach einem entspannten Start machen wir ein bisschen Tempo. Wir sind zügiger unterwegs als ich es die letzten Tage alleine war. Den Sydkustenleden Richtung Süden verlassen wir ein paar Mal Richtung Landesinnere, um uns einige Bögen an der Küste zu sparen. Die Kilometer verfliegen schnell. Gestoppt wird nur selten zum Snacken und einmal bei einem kleinen Laden. Hans kauft dort ein paar Kleinigkeiten und ich gönne mir in der Zwischenzeit Donuts von dem Stand davor. Wir haben uns auf der Karte eine Auswahl von Hütten rausgesucht und da es so gut läuft, entscheiden wir uns für die am weitesten entfernte. Die letzten Meter sind ziemlich beschwerlich. Der Pfad ist verwuchert, völlig mit Wurzeln übersät und so steil, dass ich mit meinen Reifen keine Chance hab und immer wieder schieben muss. Hans kommt etwas besser durch und vor mir an der Hütte an. Ich höre sein Lachen und frage mich, was das bedeutet. Ich komme an dem Platz an und sehe den Grund: Die Hütte ist bis auf die Grundbalken abgebrannt, also keine Hütte für uns. Naja, sowas muss man mit Humor nehmen. Wir haben bis hier 110 Kilometer gemacht und werden heute nicht mehr weiter fahren. Ich gehe den kleinen Pfad ein Stück weiter auf der Landzunge nach vorne und entdecke einen traumhaftes Plätzchen mit einem Tisch, Bänken und sogar einem Steg in den See.
Wir bauen unser Lager auf. Hans spannt seine Hängematte zwischen zwei Bäumen und ich suche mir eine möglichst ebene Stelle für mein Zelt. Die Fahrräder direkt daneben et voilá. Ich nutze die Gelegenheit und nehme ein Bad im See. Es ist ziemlich frisch, aber wenn man mal drin ist, dann geht’s. Es ist ein verdammt gutes Gefühl, den klebrigen Schweiß von der Haut zu waschen. Jetzt nur noch eine Wäscheleine für die nassen Sachen, nach dem Essen noch die Sonne über dem See genießen und den Tag ausklingen lasen.